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Sender

project: Sender / 12 works
titles: Sender - 1 / 2 / 3 / ... / 12
size: 24cm x 24cm and 40cm x 40cm each / c-print / 5+2AP / 2009



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Sender

Die Fotoarbeit entstand zunächst als Gedankengebäude bei Spaziergängen im Gelände von Steinhof/Wilhelminenberg/Wien, ausgelöst durch den Zufallsfund einer Betonverankerung. Nach und nach kamen im Umkreis mehrerer hundert Meter noch einige hinzu, die durch ihre Ausrichtung auf ein zentrales Objekt hinwiesen. Ausgehend von der Imagination des unbekannten Bauwerks, fand ich in den Wäldern versteckt die restlichen Anker und Podeste. Was es war, also worauf die Fragmente sich tatsächlich bezogen, blieb unklar. Die „komplette“ Sammlung wurde dann bei gleichen Licht- und Sichtbedingungen im Winter fotografiert. Die Anordnung der Einzelbilder von den „Betonskulpturen“ – wie in der Übersicht dargestellt - evoziert eine gedankliche 3D-Rekonstruktion.

Erst nach Fertigstellung der Fotoarbeit begann die Recherche:
an dieser Stelle stand folglich in den Nachkriegsjahren ab 1951 ein provisorischer, ab 1952 ein riesiger, zweimastiger und mit Seilen abgespannter Radiosender. Ab 1945 lief in Österreich das Programm Rot-Weiß-Rot der amerikanischen Beatzungsmächte, welches ab 1951 auch vom Sender Wilhelminenberg ausgestrahlt wurde. Für den Sender arbeiteten unter anderem Ingeborg Bachmann, Carl Merz, Hugo Wiener und Helmut Qualtinger.
Der Sendebetrieb wurde 1955 eingestellt und die Anlage 1959 abgetragen.

 

 

 

SENDER

ein Text von Herbert Justnik im Magazin Datum 02/2010

Fotografische Tatortuntersuchung

Verwitterte Betonteile die seltsam verloren in einer Waldlandschaft herumstehen, funktionslos geworden.
Die Fotoarbeit Sender des österreichischen Künstlers Horst Stein, zeigt die Überreste eines US-Radiosenders am Wilhelminenberg in Wien. In der Mitte der Bildübersicht sieht man die beiden Sockel für die Masten des Doppelsenders, rundherum die Verankerungen für die Halteseile.
Hier stand ab 1951 eine provisorische, ab 1952 eine zweimastige Sendeanlage, die 1959 abgetragen wurde.
„Hier ist der österreichische Sender Rot-Weiß-Rot!“, „Möge dieses Medium dazu beitragen, die Österreicher zu einem gut unterrichteten Volk zu machen.“ So eröffnete der US-Generalmajor Walter M. Robertson den Sender Rot-Weiß-Rot, der bis 1955 Programme der amerikanischen Besatzungsmacht sendete – als Gegenpol der unter sowjetischen Einfluss stehenden RAVAG –, Sendungen wie: Amerika ruft Österreich und Wir lernen denken. Auf die Beeinflussung durch Unterhaltungssendungen wurde von den ZuhörerInnen mit Skepsis reagiert. Erst „neutrale“ Sendungen wie Die große Chance mit Maxi Böhm und Melodie und Rhythmus auf Bestellung mit Louise Martini oder bissige Kabaretts wie Brettl vorm Kopf mit Helmut Qualtinger und Gerhard Bronner konnten begeistern. Für den Sender arbeiteten unter anderem Hans Weigel, Peter Alexander und Friedrich Torberg sowie Ingeborg Bachmann. 1955 wurde der Sender Rot-Weiß-Rot vom ORF übernommen.
Diese Geschichte weckt seltsame Assoziationen. Einerseits stehen diese Betonfundamente für eine zum Teil entkontextualisierte positiv konnotierte österreichische Radiogeschichte. Auf der anderen Seite steht die fehlgeschlagene Entnazifizierung nach 1945 und die Kontinuität der Objekte: gehört wurden diese Radioprogramme auf dem nationalsozialistischen Volksempfänger.
Horst Stein kannte diese Geschichte zunächst nicht. Wie viele andere Spaziergänger stieß er zufällig auf diese seltsamen „Betonskulpturen“. Er ließ sie jedoch nicht als eine sprachlose Begegnung stehen, sondern begann so etwas wie eine Tatortuntersuchung. So wie nach der Entdeckung der Überreste eines Verbrechens die Spurensicherung am Tatort auftaucht und alle Indizien sichert, entdeckte er nach dem ersten Fundament noch weitere. Daraus entwickelte sich ein erster Versuch einer Rekonstruktion des Tathergangs. Die Indizien – die Ausrichtung der Betonfundamente – führten zu einer Vorstellung wie dieses unbekannte Bauwerk situiert sein könnte und darüber zu allen heute noch vorhandenen Resten. Gesichert wurden sie dann im Winter: kein störendes Blattwerk, gleichmäßig diffuses Licht, eine nüchterne Betrachtungsweise. Gleich Kriminologen, die nach der Spurensicherung und einer ersten Rekonstruktion des Tatherganges beginnen, nach dem Täter und seinem Motiv zu suchen, recherchierte Horst Stein die Geschichte der Betonfundamente. Hier allerdings nimmt Stein eine andere Abzweigung. Die Kriminologen ziehen Zeugen, Auswertung von Dokumenten und andere Mittel heran um ausreichend Beweislast zu liefern, die in der gerichtlichen Verhandlung eine juridische Wahrheit entstehen lassen, die zur Verurteilung des Täters führen soll.
Horst Stein stellt eine andere Evidenz her. Mit seiner Übersicht der Bilder liefert er uns so etwas wie eine 3D Rekonstruktion aus der wir die Aufstellung des Senders erahnen können. Hier allerdings bleibt er stehen, seine Beweisführung ist das Sichtbarmachen und künstlerische Transformieren dieser Relikte. Nur in der fotografischen Dokumentation entsteht so etwas wie eine stumme Zeugenschaft für ein Stück österreichischer Nachkriegsgeschichte. Die Bilder muten trist und fremd an, werfen Fragen auf, worum es sich bei diesen seltsamen „Betonskulpturen“ handelt – heute kennen wir formal ähnliche Kunstwerke, die diesen Betonfundamenten eine andere Konnotation geben, sie wirken durch diese Art der Darstellung fast wie bewusst in diese Waldlandschaft gestellte vergessene Denkmale. Nur durch die Bilder des Künstlers entsteht hier eine imaginierte riesenhafte Skulptur.
Horst Stein kommt von der Bildhauerei und Malerei und bewegt sich in den letzten Jahren hauptsächlich im Bereich Fotografie als Kunst. Seine Arbeit lässt sich dabei grob einteilen in einen dokumentarischen Bereich und einen unter der Thematik der Simulation.
www.horststein.eu




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